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Zins-Talfahrt | 5 Fragen an

Fünf Fragen an ...
Dr. André Geilenkothen | Zinstalfahrt


Seit Anfang des Jahres nimmt der Zinsverfall wieder Fahrt auf. Die Marktrenditen zeigen signifikante Einbrüche. Für Unternehmen mit Pensionsverpflichtungen bedeutet der Niedrigzins eine deutliche Belastung des Eigenkapitals. Aon-Partner Dr. André Geilenkothen über die Folgen des Zinsverfalls und die Möglichkeiten für Unternehmen, die Effekte abzufedern.


Aktuell nimmt der Zinsverfall wieder Fahrt auf und ein Ende ist nicht abzusehen. Was bedeutet das für Pensionsverpflichtungen?

Geilenkothen: Für die internationale Bilanzierung war der Zins in 2017/2018 auf niedrigem Niveau stabil. Seit Anfang des Jahres gibt es signifikante Einbrüche der Marktrenditen. Aktuell liegt der Rechnungszins (abhängig von Bestandsstruktur und Verfahren) auf einem Niveau zwischen 0,5% und 1,2% für Pensionsbestände und ist sogar negativ für Verpflichtungen mit kurzer Laufzeit, wie z.B. ATZ. Für Pensionsbestände bedeutet das gegenüber dem 01.01.2019 einen Zinsverfall um mehr als einen Prozentpunkt! Weitere Infos dazu finden sich auch auf unserer Homepage.

Womit müssen Unternehmen konkret zum Jahresabschluss 2019 rechnen, wenn sich das Marktzinsniveau nicht wieder erholt?

Geilenkothen: In den internationalen Konzernbilanzen zum nächsten Abschluss können Pensionsverpflichtungen – bestands- und zusageabhängig – bis zu 30% höher ausfallen als geplant, was eine erhebliche Belastung für das Eigenkapital darstellt. Nicht zu vernachlässigen sind die erhöhenden Effekte auf den operativen Aufwand für das nächste Wirtschaftsjahr und – bei Sonderereignissen – auch schon für das laufende. Die deutsche Handelsbilanz trifft der Zinsverfall mit Verzögerung, aber voll ergebniswirksam. Umso absurder wirken dagegen die weiterhin mit 6% zu ermittelnden steuerlichen Rückstellungen.

Bleiben denn versicherungsförmig gedeckte Versorgungszusagen verschont?

Geilenkothen: Nein, denn auch diese Verpflichtungen sind langfristig und müssen irgendwann bezahlt werden. Werden die Verpflichtungen als Leistungszusagen behandelt, erfolgt ohnehin eine Bilanzierung. Folgt die Leistung der Dotierung entstehen, abgesehen von Mindestgarantien, zumindest keine Lücken. Allerdings sind die Dotierungsanforderungen bei von der BaFin beaufsichtigten Versorgungsträgern andere. Hier können sich Nachschüsse mit entsprechenden Cash- und bilanziellen Konsequenzen ergeben oder im Extremfall sogar Leistungskürzungen, für die die Arbeitgeber einstehen müssen.

Was sind vernünftige kurzfristige Maßnahmen, die getroffen werden können?

Geilenkothen: Man sollte sich den Szenarien stellen und für die eigenen Pläne die möglichen Auswirkungen quantifizieren. Dafür sind entsprechende Mittelfristprognosen ein adäquates Werkzeug. Sprechen Sie uns dazu gerne an – wir helfen mit auf Ihren Bedarf abgestimmten Prognosen.

Bei einigen Unternehmen sehen wir alternative Bewertungsansätze (z.B. Spot-Rate Approach oder alternative Langlebigkeitstrends), die zu kostenentlastenden Effekte führen können und die dementsprechend geprüft werden sollten. Gerne analysieren wir mit Ihnen, ob dies auch für Ihr Unternehmen interessant sein könnte. Auch die Festsetzung von gegenläufig wirkenden Parametern, wie Inflationsrate und Gehaltstrend, sollte sorgfältig überprüft werden. Eventuell könnte auch die Abfindung von Ansprüchen, soweit legal möglich, erwogen werden.

Mittelbare Versorgungsverpflichtungen, die in der deutschen Handelsbilanz nicht zwingend gezeigt werden müssen, können gerade für den Mittelstand eine Option sein. Hier sei insbesondere die Übertragung von Rentnern auf den Pensionsfonds erwähnt, die aktuell von vielen Unternehmen vorgenommen bzw. erwogen wird. Auch hierzu bietet Aon passende Lösungen: Pensionsfonds UnitedPension

Wie kann man sich längerfristig aufstellen, um solche Marktkapriolen besser zu verkraften?

Geilenkothen: Zunächst sind alle Versorgungszusagen mit Garantiezinsen, je höher desto dringender, unter die Lupe zu nehmen und im Rahmen des Möglichen durch wertpapiergebundene/versicherte Zusagen (Leistungen folgen der Dotierung) zu ersetzen. Das geht für Neuzugänge immer, aber auch für bestehende Zusagen können sich Möglichkeiten bieten. Wir beobachten, dass sich auch Arbeitnehmervertreter in der jetzigen Situation durchaus kooperativ zeigen, um wichtige Weichen neu zu stellen. Kapitalzahlungswahlrechte sollten ebenfalls erwogen werden. Die bilanziellen Effekte solcher Maßnahmen wirken i.A. sofort entlastend.

Als Fazit: Am Zins kann man letztlich nichts ändern, aber es gibt verschiedene Maßnahmen, die die bilanziellen Effekte des Zinses spürbar abmildern können und die man geprüft haben sollte.
 

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