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Spot-Rate Approach | 5 Fragen an

Fünf Fragen an ...
Angelika Brandl | Spot-Rate Approach


Die in Deutschland weit verbreiteten Defined Benefit Zusagen belasten in der internationalen Bilanzierung den Aufwand in der GuV immens. Zur Berechnung von Verpflichtungsumfang und Aufwand ist ein am Kapitalmarkt orientierter Rechnungszins maßgeblich. Durch die Anwendung des sogenannten Spot-Rate Approach werden die unterschiedlichen Laufzeiten für den Aufwand und die gesamte Verpflichtung berücksichtigt. Angelika Brandl, Principal bei Aon erklärt, wie damit eine Reduzierung des Aufwands erreicht werden kann.


Der Rechnungszins ist die maßgebliche Größe zur Ermittlung von Bilanzansatz und Aufwand in der internationalen Bilanzierung. Wie ist das Zusammenwirken von Verpflichtung und Zins?

Brandl: Die Vorgaben gemäß IFRS wie auch nach US-GAAP sehen vor, dass der Rechnungszins auf der gleichen Laufzeit basiert wie die bewerteten Verpflichtungen. Der Rechnungszins, der ja die Abhängigkeit des Geldwertes von der Zeit widerspiegelt, hängt also von den Fälligkeitsterminen der Zahlungen ab. 

In der Praxis ist es bislang üblich, unter Berücksichtigung künftiger Cashflows und einer Zinsstrukturkurve (die die Zinssätze – genauer: Kassazinssätze oder Spot-Rates – in Abhängigkeit der Laufzeit darstellt) einen Einheitszins zu bestimmen, der gleichermaßen zur Berechnung des Verpflichtungsumfangs (DBO bzw. PBO) wie des Dienstzeitaufwand (Service Cost) und des Zinsaufwands (Interest Cost) herangezogen wird.

Abweichend von diesem Einheitszinsverfahren ist nun die Idee, grundsätzlich die jeweils maßgeblichen Cashflows anhand der vollen Zinsstrukturkurve abzuzinsen. Damit wird gedanklich jede einzelne Zahlung als eigener Plan behandelt und für diesen der dieser Fristigkeit entsprechende Zins berücksichtigt.

Welche Effekte ergeben sich bei Anwendung des Spot-Rate Approach?

Brandl: Bei einer typischen (sog. normalen) Zinsstruktur steigen die einzelnen Zinssätze mit der Laufzeit. Für Pensionsverpflichtungen bedeutet dies, dass später fällig werdene Cashflows mit einem höheren Zins abgezinst werden und umgekehrt. Für die Berechnung des Verpflichtungsumfangs (DBO bzw. PBO) eines Unternehmens ergibt sich hier kein Effekt. Der Einheitszins wird ja gerade so bestimmt, dass sich der gleiche Verpflichtungsumfang ergibt wie bei Abzinsung des Cashflows mit der Zinsstruktur.

Die Service Cost wird dagegen nur für aktive Mitarbeiter bestimmt, deren Leistungen erst später fällig werden., Daher ergibt sich bei einer typischen Zinsstrukturkurve eine Reduzierung dieser Aufwandskomponenente. Die Interest Cost wird ebenfalls differenziert nach Laufzeit mit der jeweiligen Spot-Rate ermittelt, was ebenfalls zu einer Reduktion führt. Diese liegt für die Service Cost im Bereich von 3 – 8 % und für die Interest Cost im Bereich von 10 – 20 %. 

Ein weiterer Vorteil ist, dass nach diesem Verfahren jeder Teilbestand automatisch den richtigen Zins erhält. Dies kann u.a. vorteilhaft sein bei Unternehmensabspaltungen oder -aufspaltungen, wenn Kosten zuzuordnen sind und sich Verschiebungen innerhalb der Bestandsstruktur ergeben. Jeder Teilbestand hat quasi seinen richtigen Zins. 

Das Verfahren klingt ja durchaus komplex. Welche zusätzlichen Tätigkeiten sind denn mit der Anwendung dieses Verfahrens verbunden?

Brandl: Die Abbildung des mathematischen Verfahrens ist Aufgabe des Aktuars. Für das bilanzierende Unternehmen werden vor einer Umstellung Berechnungen und Analysen zu den unternehmensindividuellen Effekten empfohlen. Außerdem ist naturgemäß ein Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer erforderlich.

Die regelmäßigen Jahresabschlussarbeiten laufen dann für die Unternehmen ohne Änderung. Bzgl. der Offenlegung sind zusätzliche Angaben zu Ersatzzinssätzen und ggfs. zur Zinsstrukturkurve erforderlich. Die Angaben zu Zinssensitivitäten sind entsprechend anzupassen.

Was ist bei der erstmaligen Anwendung des Spot-Rate Approach zu beachten?

Brandl: Die Änderung des Verfahrens kann als sogenannter Change in Accounting Estimate gemäß ASC250/IAS 8  eingestuft werden. D.h. es ist eine prospektive Berücksichtigung vorzunehmen und da die DBO/PBO – wie oben erläutert – unverändert bleibt, resultieren keine Änderungen von Bilanzpositionen. Da diese Methode mit einer genaueren Schätzung der Kosten einhergeht, ist sie nach einem entsprechenden Wechsel auch in Zukunft anzuwenden.

Gibt es bereits Unternehmen, die das für ihre Bilanzierung umgesetzt haben?

Brandl: Die Anwendung des Spot-Rate Approach findet zunehmend auch unter IFRS-Bilanzieren in Deutschland Anwendung. Inzwischen haben auch einige Großunternehmen, auch aus dem DAX, den Umstieg vorgenommen.Unter US-GAAP Anwendern ist der Spot-Rate Approach bereits seit ein paar Jahren durchaus üblich und inzwischen weit verbreitet. Der Grund für die unterschiedliche Herangehensweise nach IFRS und US-GAAP ist u.a. in den verschiedenen Systematiken zur Erfassung versicherungsmathematischer Effekte (z.B. aus Annahmenänderung) begründet.

Wichtig ist, dass es mittlerweile Aussagen seitens Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gibt, dass der Spot-Rate Approach auch unter IFRS akzeptabel ist. Gleichermaßen sieht das DRSC bei Anwendung des Spot-Rate Approach keinen Widerspruch zu IAS 19. 

Als Fazit: Bei der Bilanzierung nach IFRS oder US-GAAP kann durch eine Umstellung von der Einheitszinsmethode auf den sog. Spot-Rate Approach in aller Regel ein Reduzierung des Aufwands erreicht werden. Die Effekte gilt es unternehmensindividuell zu ermitteln. Eine Einführung der neuen Systematik kann dann in Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer sowohl für Bilanzierer nach US-GAAP als auch nach IFRS erfolgen.

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