Kfz-Versicherung
Die Kfz-Versicherer rüsten sich für einen neuen Preiskampf in der privaten Kfz-Versicherung. Doch für Unternehmenskunden soll es teurer werden: Die Preise für die Versicherung von Kfz-Flotten sollen nach dem Willen der Versicherer steigen. Schuld sind die Verluste, die die Versicherer im Flottenbereich seit Jahren schreiben. Der technologische Fortschritt bei Fahrzeugen und die Digitalisierung werden die Kfz-Versicherung der Zukunft prägen und grundlegend verändern. Neue Martktteilnehmer und komplett neue Mobilitätskonzepte können für die etablierten Kfz-Versicherer zu einer Gefahr werden.
Marktsituation
Viele Prognosen gehen davon aus, dass die Kfz-Versicherer in absehbarer Zeit aufgrund von neuen Mobilitätskonzepten wie Carsharing deutlich weniger Beiträge einnehmen werden. Doch noch dokumentieren die Zahlen zum Kfz-Versicherungsmarkt etwas anderes: Die Beitragseinnahmen der Kfz-Versicherer steigen seit dem Jahr 2009 kontinuierlich und werden sich in diesem Jahr voraussichtlich auf 27,8 Milliarden Euro belaufen.
Die Einnahmen der Kfz-Versicherer sind damit so hoch wie noch nie. Die Zahl der versicherten Fahrzeuge wächst seit vielen Jahren ebenfalls. Nach ersten Prognosen werden die Versicherer im Jahr 2018 für 65,2 Millionen Fahrzeuge eine Kfz-Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben. Im Jahr 2017 waren es noch 64,3 Millionen Verträge.
Auch der Schadenaufwand steigt seit dem Jahr 2014 kontinuierlich. Die Versicherer werden im Jahr 2018 voraussichtlich Schäden in Höhe von 24,6 Milliarden Euro bezahlen müssen, im Jahr 2014 waren es noch 20,6 Milliarden Euro. Die Zahl der Schäden geht zwar unter anderem aufgrund von Fahrassistenzsystemen zunehmend zurück, durch die neue Technik steigen aber die Reparaturkosten für einen Schaden. Der steigende Schadendurchschnitt überkompensiert also im Moment noch die sinkende Schadenfrequenz.
Die Schadenkostenquote für den gesamten Kfz-Versicherungsmarkt wird in diesem Jahr voraussichtlich leicht steigen und bei 99 Prozent liegen. Im Jahr 2017 lag diese noch bei 98 Prozent. In der Kfz-Flottenversicherung schreiben die Versicherer in diesem Jahr mit einer Schadenkostenquote von 105 Prozent unverändert rote Zahlen.
Prämien- und Schadenentwicklung …
… in der Kfz-Versicherung
* Hochrechnung
Quelle: GDV
Ausblick
In den nächsten Jahren deutet sich ein Wettbewerb um den direkten Zugang zu den Kunden im Kfz-Versicherungsmarkt an. Während viele etablierte Versicherungen die Digitalisierung zu langsam vorantreiben, werben neue Marktteilnehmer um die Gunst der Kunden. Fahrzeughersteller und komplett digitale Versicherer drängen in den Kfz-Versicherungsmarkt, Internetkonzerne führen erste Verhandlungen, um als Assekuradeure in den Kfz-Versicherungsmarkt einzutreten. Ein neuer Preiskampf ist daher wahrscheinlich.
Infolge der Entwicklung vom unterstützten zum automatisierten bis hin zum autonomen Fahren wird die Kombination aus weniger Unfällen, aber höheren Kosten pro Unfall zunächst zu einem erhöhten Schadenaufkommen führen. Der Höhepunkt dieser Entwicklung soll im Jahr 2035 erreicht sein. Spätestens dann wird auch eine starke Marktdurchdringung automatisierter Fahrzeuge gegeben sein. Danach wird der Markt für Kfz-Versicherungen schrumpfen. Die Fahrzeughersteller werden immer mehr Verantwortung für Unfälle aufgrund ihrer Technik übernehmen müssen und werden die Haftung für ihre Produkte auf Versicherer übertragen. Darüber hinaus wird Versicherungsschutz gegen Hacker von Fahrzeugen eine immer wichtigere Rolle spielen.
Markttrends
Obwohl viele Kfz-Versicherer Telematiktarife einführen, konnten diese den deutschen Markt bislang nicht durchdringen. Lediglich bei jungen und technikaffinen Kunden kommen die Tarife an – und nur für diese Kunden sind die Rabatte bei einem guten Fahrstil attraktiv. Viele Kunden fürchten sich auch vor einer digitalen Überwachung durch Preisgabe ihrer Standortdaten.
Auch wenn der Trend zum autonomen Fahren nicht aufzuhalten ist, möchte der Gesetzgeber vom bewährten Halterhaftungssystem in absehbarer Zeit nicht abweichen. Somit wird der Kfz-Versicherer mit fortschreitender Automatisierung in Zukunft Ansprüche seines Kunden gegen Fahrzeughersteller geltend machen müssen.
Flottenversicherer sind gut beraten, ihre Dienstleistungen in naher Zukunft komplett digital abzuwickeln, um Ressourcen und Kosten zu sparen. Die meisten Kfz-Flottenversicherer sind davon jedoch noch weit entfernt. Das Problem wurde erkannt und so häufen sich die Kooperationen der etablierten Versicherer mit sogenannten Insurtechs. Darunter versteht man junge Start-ups im Versicherungsbereich, die mit digitalen Technologien arbeiten. Die heutige Insurtech-Generation setzt auf der anderen Seite ebenfalls auf Kooperationen mit etablierten Versicherern zur Optimierung von Geschäftsprozessen und entwickelt Methoden zur Digitalisierung der Versicherungswirtschaft.
Schadenmanagement für Fahrzeugflotten spielt nach wie vor eine bedeutende Rolle. Auch hier haben die Versicherer oftmals den Anschluss an die Digitalisierung noch nicht gefunden. Sie bieten häufig nur Front-End-Lösungen an und verfügen nicht über die digitalen Prozesse und Strukturen im Backoffice. Professionelle Schadendienstleister können Flottenbetreibern in der Regel weitaus bessere Lösungen anbieten.
Ein weiterer Trend im Schadenbereich wird die Schadenbegutachtung durch selbstlernende Software mit künstlicher Intelligenz sein. Anhand von Fotos werden in Zukunft Schäden durch einen vollautomatischen „Kfz-Sachverständigen“ genau ermittelt werden.