
Technische Versicherungen
Käufer Technischer Versicherungen dürfen mit stabilen Preisen rechnen. Daran wird auch der gestiegene Schadenaufwand der Versicherer in dieser Sparte nichts ändern: Für das Geschäftsjahr 2018 wird nach ersten Hochrechnungen des GDV eine etwas höhere Schadenkostenquote von 94 Prozent (2017: 91 Prozent) erwartet.
Marktsituation
Deutsche Unternehmen werden in diesem Jahr voraussichtlich 2 Milliarden Euro für Technische Versicherungen ausgeben – das ist annähernd der gleiche Betrag wie im Jahr 2017. Da bedeuteten diese 2 Milliarden Euro noch einen Rückgang um 1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Schadenaufwand, den die Versicherer für das Jahr 2018 erwarten, wird sich nach ersten Schätzungen um circa 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöhen – auf rund 1,5 Milliarden Euro (2017: 1,43 Milliarden Euro). Auf Basis dieser prognostizierten Zahlen stellen sich die Versicherer in der Sparte Technische Versicherungen für das Gesamtjahr 2018 auf eine leichte Verschlechterung der Schadenkostenquote auf 94 Prozent ein (2017: 91 Prozent).
Die weltweiten Einnahmen in der Sparte Technische Versicherungen beliefen sich nach einer aktuellen Sigma-Studie der Swiss Re für das Jahr 2017 auf 21 Milliarden US-Dollar. Somit hat Deutschland mit Einnahmen von rund 2 Milliarden Euro einen Anteil von gut 10 Prozent am Weltmarkt.
Wie an den globalen Märkten zeigt sich auch in Deutschland, dass die Beträge, die Unternehmen für Technische Versicherungen – in Landeswährung und inflationsbereinigt – seit dem Jahr 2012 ausgeben, annähernd stagnieren. Laut der Sigma-Studie ist das ausbleibende Wachstum vor allem auf die global gesunkene Nachfrage nach Projektversicherungen in Industrie- und Schwellenländern zurückzuführen. Immerhin entfällt auf Projektversicherungen fast die Hälfte der gesamten globalen Einnahmen der Versicherer.
Prämien- und Schadenentwicklung …
… in den Technischen Versicherungen
* Hochrechnung
Quelle: GDV
Ausblick
Die Sparte Technische Versicherungen gehört nicht zu den rein zyklischen Sparten. Daher ist der Marktzyklus grundsätzlich nicht so ausgeprägt wie beispielsweise in der industriellen Sach- oder Haftpflichtversicherung.
Daneben ist angesichts der guten Ergebnisse, die von den Anbietern für Technische Versicherungen in den vergangenen Jahren erzielt wurden und auch für dieses Jahr erwartet werden, davon auszugehen, dass die Preise für die meisten Kunden stabil bleiben. Es ist allerdings zu erwarten, dass Versicherer für Verträge mit hohen Schadenquoten eine Erhöhung des Preises oder des Selbstbehaltes von den Unternehmen fordern werden – wie in der Sparte Technische Versicherungen üblich.
Obwohl in der jüngsten Vergangenheit einige Versicherer den Geschäftsbetrieb in Deutschland eingestellt haben, gibt es auf der Anbieterseite für Technische Versicherungen weiterhin mehr Kapazität als für die Versicherung der Risiken erforderlich ist.
Selbst technologisch komplexe Risiken oder Risiken mit hohen wahrscheinlichen Höchstschäden können gut versichert werden. Bei technisch nicht so anspruchsvollen Risiken ist zu beobachten, dass die etablierten Versicherer zunehmend unter Preisdruck geraten. Besonders dann, wenn keine anspruchsvolle technische Schadenregulierung mit eigenen Ingenieuren der Versicherer erforderlich ist und dieses differenzierende Merkmal somit wegfällt.
Markttrends
Im Markt für Technische Versicherungen ist seit einigen Jahren eine Konstante zu beobachten: die ständigen Veränderungen auf der Anbieterseite. Wo früher eine feste Zahl von Versicherern über Jahrzehnte den Markt beherrschte, verändert sich diese Zahl und das Angebot der Versicherer seit einigen Jahren kontinuierlich. Das führt dazu, dass für die Kunden die Auswahl des geeigneten Anbieters immer schwieriger und unübersichtlicher wird. Durch die ständigen Veränderungen auf der Anbieterseite ist eine fundierte Einschätzung, besonders hinsichtlich der Qualität der Anbieter, ohne professionelle Unterstützung kaum möglich.
Auch in den Technischen Versicherungen ist die frühere Praxis, mit relativ geringem Aufwand in den Bedingungen Risiken außerhalb der EU zu versichern, passé. Mittlerweile verfügen alle Anbieter Technischer Versicherungen über einen eigenen – teilweise sehr aufwendigen – Lösungsansatz, um den Versicherungsschutz für außerhalb der EU belegene Risiken möglichst rechtskonform zu gestalten. Da die Ausgestaltung des Versicherungsschutzes bei den einzelnen Versicherungsgesellschaften im Detail unterschiedlich ist, steigt der Beratungsaufwand für alle Vertragsparteien erheblich. Neben dem höheren Beratungsaufwand steigen oftmals auch die Kosten für eine Versicherungslösung, die rechtskonform ist.
Nach und nach ziehen sich aus politischen Gründen große Versicherungsgesellschaften aus der Versicherung von Kohlekraftwerken zurück. Allerdings definieren die Versicherer den Ausstieg auf unterschiedliche Weise. So steigen einige Gesellschaften sofort aus der Versicherung einzelner Kohlekraftwerke aus. Andere Versicherer versichern ab sofort keine neu gebauten Kohlekraftwerke mehr. Hingegen sollen Energieversorger, die neben Kohle auch andere fossile Brennstoffe oder erneuerbare Energien zur Stromproduktion verwenden, zunächst weiterhin Versicherungsschutz für ihre Kohlekraftwerke erhalten. Generell ist festzustellen, dass der Ausstieg über einen längeren Zeitraum in Abstimmung mit den Kunden erfolgen soll und sich am Zwei-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens orientiert.

Spezialmarkt: Erneuerbare Energien
Der Markt der Erneuerbaren Energien hat sich in den vergangenen zehn Jahren aufgrund staatlich gesicherter Rahmenbedingungen kontinuierlich gut entwickelt. Da hier nun Änderungen erfolgen, ist davon auszugehen, dass sich die Ausbaumengen und die Entwicklung der Erneuerbaren Energien in Deutschland stark reduzieren werden. Projekte mit Anschlussgenehmigungen auf Basis der bisher bestehenden staatlichen Vergütungssysteme werden noch bis Ende 2018 gebaut. Ab 2019 ist ein deutlicher Einbruch der Ausbaumenge zu erwarten.
Weiterhin ist zu beobachten, dass viele alte Projekte, deren festgeschriebene Vergütung nach 20 Jahren ausläuft, nicht weiterbetrieben und rückgebaut werden. Aufgrund wenig neu hinzukommender Projekte ist der Versicherungsmarkt im Bereich der Erneuerbaren Energien stark umkämpft.
Wegen der begrenzten Entwicklungsmöglichkeiten bei der Versicherung von Risiken in Deutschland ist zu erwarten, dass einige Versicherer neue Geschäftsfelder oder Geltungsbereiche entwickeln, sodass besonders Unternehmen in benachbarten, europäischen Ländern von den niedrigen Versicherungskonditionen am deutschen Versicherungsmarkt profitieren können.
In den einzelnen Geschäftsfeldern sind folgende Entwicklungen zu erkennen:
Windenergie Onshore
Nach dem Zubau-Rekordjahr 2017 wird für das Jahr 2018 noch mal ein starker Zubau in Deutschland erwartet. Ab 2019 werden jedoch nur noch Projekte umgesetzt, die nach dem neuen Ausschreibungssystem bezuschlagt werden. Es wird erwartet, dass der Zubau neuer Anlagen in Deutschland deutlich zurückgeht.
Für die künftig zu errichtenden Projekte wird eine neue Konzeption aus Wartungsvertrag und Versicherungslösungen notwendig werden. Aufgrund des Kostendrucks wird der Deckungsumfang sonst üblicher Vollwartungsverträge, die einen großen Teil der operativen Kosten begründen, hinterfragt. Bereits heute werden Vollwartungsverträge mit deutlich eingeschränkten Umfängen angeboten. Üblicherweise decken Versicherungsverträge unvorhergesehene Schadenfälle, die nicht von den Vollwartungsverträgen erfasst werden, ab. Aufgrund der Veränderungen in den Wartungsverträgen sind die Versicherer gefordert, sinnvolle Produkte – als Ergänzung der neuen Wartungskonzepte – zu entwickeln.
Für ältere Windparks, deren staatlich gesicherte Vergütung ausläuft, sind ebenfalls neue Versicherungsprodukte notwendig. Auf Grundlage traditioneller, bisher im Markt verfügbarer Produkte wird ein Weiterbetrieb, nach Entfall der staatlich gesicherten Vergütung, wirtschaftlich kaum möglich sein. Hier bilden derzeit Mischformen aus Vollversicherungen und Kaskoversicherung, gegebenenfalls kombiniert mit einer durchdachten Ersatzteilstrategie, sinnvolle Konzeptionen für den Betrieb nach Ablauf der staatlichen Förderung.
Es ist zu erwarten, dass die Versicherer den Betreibern auch künftig in ausreichendem Maße Kapazitäten für die Absicherung der Onshore-Projekte zur Verfügung stellen. Die Preise sollten dabei auf relativ niedrigem Niveau stabil bleiben, wobei die Betreiber größerer Anlagenportfolien weiter auf Konditionsverbesserungen hoffen können.
Windenergie Offshore
Im Bereich der Windenergie Offshore haben sich aufgrund der Ausschreibungssystematik im Wesentlichen große Konzerne aufseiten der Projektentwickler sowie aufseiten der Windenergieanlagen-Hersteller durchgesetzt. Eine vielfach gewünschte Akteursvielfalt kommt dadurch nicht zustande.
Rotordurchmesser der Windräder auf See
Durchschnittliche installierte Leistung
Jahr
Quelle: Stiftung Offshore Windenergie
Icons: freepik.com
Der Innovationsdruck für die Projektentwickler ist erheblich, um auf Grundlage niedriger Erlöse wirtschaftliche Projekte zu realisieren. Immer neue Windenergie-Anlagendimensionen sowie neue Gründungskonzepte werden für die Projekte entwickelt. Dies erfordert eine erhöhte Bereitschaft der Versicherer, Deckungen für fortwährend neue, nicht ausreichend erprobte Technologien zur Verfügung zu stellen.
Da die Zahl der in den nächsten Jahren umzusetzenden Projekte in Deutschland stark limitiert ist, haben viele der international ausgerichteten Konzerne ihre Aktivitäten in ausländischen Projekten intensiviert.
Die Versicherungsmärkte für Offshore-Windprojekte sind international. Deckungen werden üblicherweise in den nationalen Märkten sowie über den Londoner Markt angefragt. In den vergangenen Jahren sind neue Kapazitäten durch Versicherer entstanden, die ihre Zeichnungsbereitschaft für Offshore-Projekte entwickelt haben. Bei den jüngsten Ausschreibungen wurden – trotz bereits günstiger Konditionen – sehr gute Ergebnisse für die Versicherten umgesetzt.
Biogas
Der Ausbau von Biogasanlagen in Deutschland ist weitestgehend zum Erliegen gekommen. Zur Absicherung bereits bestehender Anlagen ist der Versicherungsmarkt stabil, wobei die Konditionen angespannt sind.
Bei Umdeckungen von Versicherungsverträgen werden regelmäßig umfangreiche Prüfungen der Anlagen vor Indeckungnahme erwartet. Teilweise werden Deckungen nur unter Auflagen beziehungsweise zu deutlich schlechteren Bedingungen erteilt.
Photovoltaik
Der Photovoltaikmarkt in Deutschland ist geprägt durch eine große Zahl kleinerer Projekte (kleiner 750 kWp), die aufgrund ihrer Menge jedoch einen großen Anteil an der regenerativen Stromerzeugung haben. Die Versicherungsprodukte hierfür sind weit entwickelt und zu guten Konditionen für die Versicherten erhältlich. Kapazitäten sind ausreichend vorhanden.
Großprojekte im PV-Bereich werden derzeit im europäischen Ausland sowie in Ländern außerhalb Europas umgesetzt. Die deutschen Versicherer sind bei der Absicherung dieser Projekte stark engagiert – es entwickelt sich auch in diesem Bereich eine große Internationalisierung aufseiten der Versicherer.
Geothermie
Derzeit werden keine neuen Geothermie-Projekte für die Stromerzeugung in Deutschland umgesetzt. Hintergrund hierzu ist, dass der Versicherungsmarkt keine ausreichenden Deckungen für das Bohr- und Fündigkeitsrisiko zur Verfügung stellt. Der Versicherungsmarkt hierfür ist nicht ausreichend entwickelt. Aufgrund des fehlenden Kapitals der Projektgesellschaften und dadurch bedingt notwendiger Finanzierung mit Fremdkapital ist die Umsetzung von Projekten ohne Absicherung durch Versicherungen vielfach nicht möglich.

Speichertechnologien
Wegen der fehlenden Grundlastfähigkeit der Erneuerbaren Energien (Thema „Dunkel-Flaute“) liegt in der Entwicklung sinnvoller Speichermedien einer der wesentlichen Beiträge zur künftigen Energieerzeugung. Es hat sich bisher jedoch noch keine Technologie als die wirtschaftlich sinnvollste durchgesetzt. Die Versicherungswirtschaft kann bei der Weiterentwicklung der Speichertechnologien einen wesentlichen Beitrag leisten, indem sie neuen Konzepten gegenüber aufgeschlossen ist.
Netzinfrastrukturen
Eine der großen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Energiewende in Deutschland sowie auch im umliegenden Ausland ist der Ausbau der Netzinfrastrukturen. Hintergrund hierzu ist, dass die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien oftmals weit entfernt von den Abnehmern stattfindet. Der notwendige Netzausbau Offshore und Onshore wird in den nächsten Jahren zu erheblichen Investitionen der hierfür verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber führen. Derzeit werden aufgrund der fehlenden Netzinfrastruktur noch erhebliche Mengen erzeugter Energie nicht wirtschaftlich genutzt.