„Naturgefahren umfassend absichern“
Naturgewalten verursachen in Deutschland jährlich Schäden in Milliardenhöhe. Besonders mittelständischen Unternehmen drohen existenzielle Folgen – je nach Standortlage mit unterschiedlich hohem Gefährdungspotenzial. „Durch die Absicherung nur einzelner Elementargefahren können Unternehmen aber keine nennenswerten Ersparnisse erzielen“, sagt Stefan Mußmann, Experte für Sachversicherungen bei Aon Risk Solutions. Er rät stattdessen zu umfassenden Deckungskonzepten.
Hurrikans in den USA, Überschwemmungen in Thailand, Erdbeben in Italien: In global agierenden Unternehmen steigt das Bewusstsein für weltweite Risiken durch Naturgefahren. Wie beurteilen Sie die Risikosituation in Deutschland?
Stefan Mußmann: Die Risiken durch Naturgewalten sind in Deutschland anders gelagert, aber dennoch hoch. Das gilt vor allem im Hinblick auf Stürme und Überschwemmungen. In einer Langzeitbetrachtung hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft ermittelt, dass diese Naturgefahren einen jährlichen Schaden von durchschnittlich 2,4 Milliarden Euro verursachen. Allein Unwetter mit heftigen Regenfällen haben im Jahr 2016 durch Überschwemmungen fast zehnmal höhere Versicherungsschäden verursacht als im Vorjahr.
Sind hierdurch vor allem Unternehmen gefährdet, die in der Nähe von Gewässern angesiedelt sind?
Dort sind die Überschwemmungsrisiken besonders groß. Selbst kleine Bäche in der Nachbarschaft können sich im Zuge von Unwettern zu reißenden Flüssen ausweiten und enorme Sachschäden verursachen. Doch Starkregen kann überall auftreten. Große Niederschlagsmengen können innerhalb kurzer Zeit nicht mehr von der Kanalisation abgeführt werden, sei es auf Verkehrsstraßen, Betriebsgrundstücken oder angrenzenden versiegelten Flächen. Die Folge: Außenbereiche und ebenerdige Räumlichkeiten dort ansässiger Unternehmen werden überflutet.
Das Risiko von Erdbeben ist hierzulande aber zu vernachlässigen, oder?
Es gibt auch in Deutschland Erdbebenzonen, wie beispielsweise die Kölner Bucht oder den südlichen Rheingraben. Dort werden immer wieder Erschütterungen festgestellt, die aber nur von relativ geringer Stärke sind.
Und wie beurteilen Sie die Gefahren durch Erdrutsche oder Erdsenkungen?
Diese Risiken steigen mit den zunehmenden Unwetterereignissen. Die Niederschläge stellen häufig die Ursache dafür dar, dass die Böden an Hanglagen aufweichen. Für Erdsenkungsschäden sind Auswaschungen und Auslaugungshöhlen in Erdschichten wie Gips, Salz und Sandstein verantwortlich.
Welche Folgen können diese Naturgewalten gerade für den Mittelstand haben?
Für Unternehmen erhöht sich das Risiko erheblicher Sach- und vielfach noch höherer Betriebsunterbrechungsschäden: Kann aufgrund defekter Maschinen nicht mehr produziert werden, sind Umsatz- und Ertragsausfälle die Folge. Diese Risiken werden häufig unterschätzt, können aber gerade bei mittelständischen Betrieben zu existenziellen Krisen führen.
Unternehmen können diese finanziellen Risiken absichern. Inwiefern kann es ratsam sein, nur bestimmte Elementargefahren durch Zusatzbausteine abzudecken?
Richtig, die aus Naturgefahren resultierenden Sach- und Ertragsausfallschäden lassen sich durch Sachversicherungen umfassend abdecken. Das betriebliche Gefährdungspotenzial kann zwar je nach Standortlage unterschiedlich hoch ausfallen. Durch den Abschluss von Zusatzbausteinen zur Absicherung einzelner Elementarrisiken lassen sich aber keine nennenswerten Ersparnisse erzielen. Die Preisdifferenz gegenüber einer umfassenden Elementardeckung ist dafür zu gering.
Sie möchten mehr über das Thema Naturgefahren erfahren? Dann freuen wir uns über Ihre Nachricht an stefan.mussmann@aon.de